Reise nach Serro / Diamantina, MG

Mitt­woch, 16. Au­gust 2017. Ich ass um 6 Uhr schnell ein Bröt­chen und eine Go­iaba. Für un­se­ren Lunch be­rei­tete ich zwei Sand­wi­ches vor und packte sie ein. Um 6:30 Uhr holte mich Al­ta­mir in der Woh­nung von Dona Bení­cia in Vi­tória, der Haupt­stadt von Es­pí­rito Santo (ES), ab. Wir ver­stau­ten un­ser Ge­päck in sei­nem Wa­gen und fuh­ren los. Die Reise führte über Ca­ria­cica, durch Santa Leo­pol­dina, vor­bei am Stau­damm (bar­ra­gem) und der <i>usina Hi­d­relé­tica Suíça</i> am Rio Santa Ma­ria und an der Pousada Suíça.

Al­ta­mir vor un­se­rer Pousada in Serro, MG

In Santa Te­resa de Je­tibá suchte Al­ta­mir ein Café. Er wollte ei­nen Ex­presso. Das gab es nur bei der Tank­stelle. Dort fragte ich die Ver­käu­fe­rin, ob sie Deutsch ver­stehe. Sie ver­stand nichts. Als ich fragte, ob sie po­mer­ano spre­che, sagte sie auf por­tu­gie­sisch ja, ein we­nig, aber kein Deutsch. Sie habe zwei Jahr lang Deutsch in der Schule ge­habt, aber nichts ge­lernt. Ich fragte sie, ob die Leute in Nova Suíça auch po­mer­ano spre­chen. Sie wusste nicht ein­mal, wo Nova Suíça ist.

Nach die­sem Ex­presso fuh­ren wir wei­ter. Wir hiel­ten erst um etwa 13:30 Uhr wie­der an, um et­was zu es­sen. Die­ser Halt war ir­gendwo an der Stre­cke des Rio Doce, wahr­schein­lich schon im Teil­staat Mi­nas Ge­rais (MG). Am Buf­fet be­dien­ten wir uns, ich trank dazu noch ei­nen Oran­gen­saft. Nach un­se­rem ver­spä­te­ten Mit­tag­essen fuh­ren wir wei­ter. Als wir am Stras­sen­rand Co­cos und eine kleine Im­biss­stube mit Agua de coco, Ko­kos­was­ser, wahr­nah­men, hielt wir wie­der an, um Ko­kos­was­ser zu trin­ken. Ge­stärkt fuh­ren wir wei­ter Rich­tung Go­ver­na­dor Val­a­da­res, dann Gu­an­hães. Lei­der gab es hier keine Weg­wei­ser, die uns in der Stadt ge­hol­fen hät­ten, den Weg zu fin­den. Ta­mir bat eine Frau um Aus­kunft. Sie wusste nicht, wo es nach Serro geht. Wir hat­ten den Ein­druck, dass sie nicht ein­mal wusste, dass es eine his­to­risch be­deu­tende Stadt na­mens Serro in der Nähe (knapp 70 km) gab. Nach mehr­ma­li­gem Fra­gen und mit Hilfe des GPS fan­den wir den Weg. An der Pe­ri­phe­rie der Stadt sah ich ei­nen Weg­wei­ser, der nach Sa­binó­po­lis zeigte. Das war un­ser Weg. Er war hier sehr holp­rig. Am spä­te­ren Nach­mit­tag er­reich­ten wir Serro. Zu­erst such­ten wir eine Pousada. Die erste, die wir be­tra­ten und das Zim­mer be­sich­tig­ten, war uns zu ein­fach. Wir such­ten eine an­dere. Bald fan­den wir die Pousada de Quejo, die uns be­hagte. Wir be­zo­gen un­sere Zim­mer: Ich im ers­ten Stock, Ta­mir im Untergeschoss.

Serro, MG

Dann schau­ten wir uns zu Fuss Serro an, schos­sen Fo­tos und be­tra­ten auch das Tou­ris­mus­büro. Die An­ge­stellte dort lud uns zur Er­öff­nung ei­ner Aus­stel­lung an­läss­lich der 80-Jahr-Feier des IPHAN (In­sti­tuto do Pa­trimô­nio His­tórico e Ar­tí­stico Na­cio­nal) am nächs­ten Tag um 19 Uhr ein.

Da wir bald et­was es­sen woll­ten, such­ten wir ein Re­stau­rant. Das erste ge­fiel uns nicht. Es war eher zum Trin­ken und um das Fuss­ball­spiel am TV zu ver­fol­gen. Wir fan­den dann aber ein an­de­res, wo wir eine ge­mein­same Pizza mit zwei ver­schie­de­nen sab­o­res be­stell­ten, dazu eine Fla­sche Ori­gi­nal. Als der Kell­ner uns das Bier brachte, stellte er auch noch et­was zum Knab­bern auf den Tisch. Es war ein­ge­sot­tene Schwarte vom Schwein oder so et­was Ähn­li­ches. Ich mochte es nicht. Die Pizza schmeckte uns bei­den gut. Beim Ge­hen sprach Ta­mir noch mit dem Gar­çon, Wa­shing­ton, über die ver­schie­de­nen Käse, die hier zu kau­fen wa­ren. Ta­mir in­for­mierte sich, wo er die­sen Käse auch noch kau­fen konnte. Er hatte von ei­nem Kä­se­la­den ge­hört. Wa­shing­ton meinte, das sei in der Co­ope­ra­tive, gleich bei der Rodoviaria.

Don­ners­tag, 17. Au­gust. Am Mor­gen tra­fen wir uns wie ver­ein­bart um 8 Uhr zum Früh­stück. Das Früh­stück war nicht ge­rade op­pu­lent, aber es gab doch Mamão, Ba­nane, heis­ses Was­ser für Tee und na­tür­lich Kaf­fee, Bröt­chen, ver­schie­dene Ku­chen und Jo­ghurt. Das Früh­stück wurde im Kor­ri­dor des Un­ter­ge­schos­ses ein­ge­nom­men. Es gab nur 3 Vie­rer­ti­sche. Nach dem Früh­stück sen­dete ich noch ei­nige Mit­tei­lun­gen und Fo­tos per Whats­app an Leida und Lucas. 

Da­nach be­sich­tig­ten wir noch die Ig­reja Ma­triz de Nossa Senhora da Con­ce­i­ção. Von dort gin­gen wir zum Re­gio­nal­mu­seum. Uns be­glei­tete eine junge Mu­se­ums­füh­re­rin, die uns al­les er­klärte, ohne sich in lang­fä­di­gen De­tails zu ver­lie­ren. Es war in­ter­es­sant. Das Mu­seum be­fin­det sich in der casa dos Ot­toni, ei­ner Fa­mi­lie von na­tio­na­ler Bedeutung.

Nach dem Mu­se­ums­be­such mach­ten wir uns auf den Weg zu­erst nach der Hip­pie-Stadt, wo es ei­gent­lich we­nig zu se­hen gab. Auf­fal­lend war ein­zig, dass fast je­des zweite Haus eine Pousada war. An­schlies­send fuh­ren wir zu­rück und kurz vor Serro nah­men wir dann den Weg nach der Cachoeira do Moinho, ei­nem etwa 70 km von Serro ge­le­ge­nen Wasserfall. 

Dann fuh­ren wir wie­der den Weg fast bis Serro zu­rück und bo­gen dann auf den gut 100 km lan­gen Weg nach Dia­man­tina ein. Da­bei durch­fuh­ren wir sehr ab­wech­se­lungs­rei­ches Berg­land. Es gab ganze Hoch­ebe­nen, die zwar stei­nig, fel­sig und grasbe­wach­sen, aber den­noch un­be­wohnt und selt­sam un­ge­nutzt wa­ren. Be­ein­dru­ckend wa­ren auch die ei­gen­ar­ti­gen Felsformationen. 

Diamantina, MG

Schliess­lich ka­men wir in Dia­man­tina an. Ta­mir hatte et­li­che Pro­bleme, ins his­to­ri­sche Zen­trum zu fin­den. Die Si­gna­li­sie­rung fehlt prak­tisch, und die GPS-Hilfe er­wies sich in­folge der Ein­bahn­stras­sen oft als falsch und ir­re­füh­rend. Schliess­lich ka­men wir bei der Kirche/Kathedrale an, fan­den aber nicht so­fort ei­nen Park­platz. Schliess­lich stieg Ta­mir aus, um in ei­nem La­den nach dem da­vor­lie­gen­den Park­platz zu fra­gen, der frei war. Das war ein Park­platz, der frei war und für den man eine Park­ge­bühr be­zah­len musste. Er machte das und park­tierte dann das Auto auf die­ses Parkfeld. 

Nun woll­ten wir zu­erst es­sen. Schliess­lich war zwei Uhr schon längst vor­bei. Ta­mir suchte ein Re­stau­rant, das er kannte, aber nicht auf An­hieb fand. Er fragte Ein­hei­mi­sche, ohne den Na­men des Re­stau­rants zu ken­nen. So fan­den wir das Re­stau­rant, das ge­rade schlies­sen wollte und das apo­ca­lipse hiess. Der An­ge­stellte liess sich dazu über­re­den nach­zu­fra­gen, ob er noch zwei Gäste her­ein­las­sen dürfe. Er kam mit po­si­ti­vem Bescheid.

Im Re­stau­rant apo­ca­lipse er­war­tete uns ein über­bor­den­des Buf­fet zum Selbst­ser­vice. Ich hielt mich vor al­lem an die Po­lenta und banana rá­pida. Aus­ser­dem fiel mir eine Art Spi­natsouf­flé auf, das ich köst­lich fand. Dazu tran­ken wir frisch ge­presste Fruchtsäfte.

Nach dem Es­sen mach­ten wir uns zu Fuss noch­mals auf, die Stadt zu be­sich­ti­gen. Ta­mir fiel das Ge­bäude der hie­si­gen Frei­mau­rer­loge auf. Na­tür­lich po­sierte er da­vor. Ich schoss mit sei­nem Handy ein Foto. Er zeigte mir noch wei­tere Ge­bäude und Stras­sen­züge. Ich war beeindruckt.

Ich drängte ein we­nig auf die Rück­fahrt nach Serro. Denn ich wollte un­be­dingt die be­ein­dru­ckende Stre­cke bei fla­chem Son­nen­stand durch­fah­ren. So mach­ten wir uns denn wie­der auf den Rück­weg. Al­ta­mir wählte wie­der den glei­chen Weg über Datas.

IPHAN-Feier in Serro

Wir ka­men in Serro bei Ein­bruch der Dun­kel­heit an, also etwa um 17:30 Uhr. Ta­mir lenkte das Auto di­rekt zur Ig­reja Santa Rita, wo ich ei­nige Fo­tos vom nächt­li­chen Dia­man­tina machte. Da­nach fuh­ren wir wie­der zu un­se­rer Pousada de Quejo. Wir konn­ten vor dem Kul­tur­event noch eine Du­sche neh­men und uns um­zie­hen. Wo­bei: Zum Um­zie­hen hatte ich ei­gent­lich nicht viel.

Chá­cara do Barão de Serro – Land­haus des Ba­rons von Serro 

Mit ei­ner Vier­tel­stunde Ver­spä­tung traf­fen wir in der Chá­cara do Barão de Serro ein. Es gab am Ein­gang eine kurze War­te­schlange, weil man sich in die Gäs­te­liste ein­schrei­ben musste. Wir wa­ren also nicht zu spät. Ta­mir meinte, ge­rade zur rech­ten Zeit. Als wir den Hof be­tra­ten, spielte die «Banda San­tís­simo Sa­cra­mento». Da­nach gab es eine Be­grüs­sungs­an­spra­che und wei­tere Re­den. Im An­schluss an diese for­melle Be­grüs­sung und Ein­lei­tung be­gann eine ge­führte Be­sich­ti­gung der Aus­stel­lung «80 Jahre IPHAN». Die­ser Teil war des­halb we­ni­ger in­ter­es­sant, weil es mei­nes Er­ach­tens im Ver­hält­nis zu den Ex­po­na­ten zu viele Text­wände gab und die durch die Stell­wände ge­form­ten Pas­sa­gen zu eng wa­ren, um so viele Be­su­cher auf­neh­men zu kön­nen. Ich in­ter­es­sierte mich denn auch mehr für das Haus, in dem wir uns be­fan­den, in der Chá­cara do Barão de Serro. In der Kü­che stand ein wuch­ti­ger Holz­ofen, teils ge­mau­ert, ei­nige Teile wie Ofen­tü­ren, Ofen­platte mit Koch­plat­ten, Ofen­rohr ect. aus Metall. 

Bald be­rei­te­ten sich die Ca­poei­ris­tas vor. Mit Stüh­len wurde ein Kreis ge­bil­det. Ich dachte ei­gent­lich, dass die Stühle für die Zu­schauer ge­dacht sei­nen. Aber bald stellte ich fest, dass die Ca­poeira-Truppe nicht nur aus ei­ner Hand­voll Mit­glie­der be­stand, son­dern etwa zwei Dut­zend Kin­der, Ju­gend­li­che und Er­wach­sene bei­der­lei Ge­schlechts zählte. Zu­erst schlu­gen die Be­r­im­baus den Rhyth­mus an. Nach ei­ni­gen Tak­ten be­gann der Ge­sang mit dem Vor­sän­ger, bald fie­len die üb­ri­gen Ca­poei­ris­tas im Chor ein. Und der ri­tu­elle Tanz zweier Krie­ger oder Skla­ven be­gann.
Beim Ge­spräch mit der Kom­mu­ni­ka­ti­ons­ver­ant­wort­li­chen der Ge­meinde er­fuh­ren wir noch mehr über die Ge­gend. Aus­ser­dem sorg­ten die Ver­ant­wort­li­chen da­für, dass wir ei­nen er­fri­schen­den suco zu trin­ken be­ka­men und da­nach auch noch war­men caldo, eine nahr­hafte, heisse Fleisch­suppe ver­mut­lich mit Aipim/Manioc und ei­ni­gen Sup­pen­ge­mü­sen. Sie schmeckte mir sehr. Wir hat­ten ja noch nichts zu Abend ge­ges­sen. Das ge­nügte mir aber vollauf.

Zu­rück in der Pousada meinte Al­ta­mir, er habe noch ein we­nig Hun­ger. Ich wollte nichts mehr es­sen und be­gab mich dann ins Zim­mer, wo ich nach ei­ner Du­sche auch bald einschlief.

Frei­tag, 18. Au­gust. Ich ging um 7:30 Uhr zum Früh­stück, weil ich dachte, ich würde Ta­mir dort tref­fen. Er war nicht da. An­schei­nend war er schon in der Stadt auf der Su­che nach dem Kä­se­la­den. Ich früh­stückte bis 8:15 Uhr, weil ich dachte, dass Ta­mir ge­gen 8 Uhr von sei­ner Ein­kaufs­tour zu­rück­keh­ren und früh­stü­cken würde. Er er­schien nicht. Des­halb be­gab ich mich in mein Zim­mer, um die Zähne zu put­zen und meine Sa­chen zu pa­cken. Dann klopfte ich an seine Zim­mer­tür. Er war schein­bar im­mer noch un­ter­wegs. Ich setzte mich in der Re­cep­tion auf ei­nen Ses­sel und schrieb in Whats­app ei­nige Nach­rich­ten. Dann er­schien Ta­mir, als ich die Ho­tel­rech­nung bezahlte. 

Ge­gen 9 Uhr fuh­ren wir los. Er er­klärte mir, warum er so lange in der Stadt un­ter­wegs ge­we­sen war. Er hatte die Coöpe­ra­tive, die Käse ver­kauft, schnell ge­fun­den. Doch das An­ge­bot war ziem­lich dürf­tig. Sich auf die In­for­ma­tion des Kell­ners Wa­shing­ton be­ru­fend, fragte er nach dem Pro­du­zen­ten, der spe­zi­el­len Käse pro­du­zierte. Er be­kam die Adresse. Das war noch wei­ter vom Stadt­zen­trum ent­fernt. Des­halb sei er zu Fuss wie­der zu­rück­ge­kom­men, habe sein Auto ge­nom­men und sei da­mit zu die­ser Adresse ge­fah­ren. Lei­der war das kein La­den. Der Kä­se­pro­du­zent selbst war nicht zu Hause. Seine Mut­ter zeigte ihm aber den queijo cu­rado. Und tat­säch­lich schmeckte die­ser Käse weit bes­ser als die bis­he­ri­gen, die man ziem­lich ähn­lich und nur we­nig teu­rer in Vi­to­ria im Su­per­markt auch fin­det. Al­ler­dings war der Preis für ei­nen die­ser klei­nen Kä­se­laibe nicht wie Wa­shing­ton, der Kell­ner, ge­sagt hatte, R$ 35, son­dern R$ 60, also fast das Dop­pelte. Ta­mir kaufte des­halb nur ei­nen Teil, näm­lich für R$ 20. 

Die Mut­ter des Kä­se­pro­du­zen­ten er­zählte Ta­mir dann auch die Ent­ste­hungs­ge­schichte der Kä­se­pro­duk­tion ih­res Soh­nes, der in ei­ner ziem­lich prekt­ä­ren Si­tua­tion war, keine Ar­beit hatte und des­halb be­schloss, sich auf die Kä­se­pro­duk­tion ein­zu­las­sen. Also habe er das nö­tige Ge­schirr ge­kauft und sich das wich­tigste Know-how an­ge­eig­net. Dazu musste er ei­nen Kre­dit auf­neh­men. Lei­der habe aber ein Pilz die Kä­se­pro­duk­tion be­fal­len und die ganze Ar­beit und In­ves­ti­tion zu­nicht ge­macht, wie der Sohn an­fäng­lich ge­glaubt habe. Er habe dann die­sen Käse noch un­ter­su­chen las­sen. Die Un­ter­su­chung er­gab aber, dass der Pilz ei­ner von de­nen sei, die zu ge­niess­ba­ren Kä­se­sor­ten ge­hö­ren. Dar­auf­hin sei er mit sei­nem Käse nach Frank­reich an eine Kä­se­messe ge­fah­ren und habe mit sei­nen zwei Kä­se­sor­ten Gold und Sil­ber ge­holt. Jetzt hoffe er, mit dem Kä­se­ver­kauf seine Kre­dit­schul­den ab­tra­gen zu können. 

Vila Fantasma na Serra do Caroula, MG 

Fahrt zur Ka­pelle mit schö­ner Aus­sicht. Wir muss­ten nach dem Weg fra­gen, ob­wohl Al­ta­mir nicht das erste Mal bei der Ka­pelle ist. Es gab drei Hand­wer­ker, Mau­rer, die ein Haus ne­ben der Ka­pelle aus­bes­ser­ten. Mög­li­cher­weise auch die Was­ser­ver­sor­gung, Toi­let­ten etc., die zur Ka­pelle ge­hör­ten. Wir be­sich­tig­ten zu­erst die Ka­pelle. Sie ist sehr schlicht, der Al­tar aus Holz, eine kleine Em­pore. Da­nach be­stie­gen wir die fel­sige Kuppe mit dem gross­ar­ti­gen Rund­blick auf die um­lie­gen­den Tä­ler und Hügel. 

«Vila fan­tasma» mit der Ca­pela de Nossa Senhora das Dores

Die rund hun­dert Häu­ser am Hang der ca­pelinha sind ganz­jäh­rig un­be­wohnt, ab­ge­se­hen von ein­zel­nen Be­woh­nern an Wo­chen­en­den. Der Wei­ler wird des­halb auch als vila fan­tasma be­zeich­net. Er ge­hört zur Ge­meinde Serro. 

Aber im Juni kom­men alle Gläu­bi­gen, die ihre Häu­ser hier ha­ben und blei­ben eine Wo­che. Ein­gangs des letz­ten Jahr­hun­derts be­gan­nen Ka­tho­li­ken den stei­len, 3km lan­gen Auf­stieg auf den Hü­gel, um von der Mut­ter­got­tes Schutz und Wun­der zu er­bit­ten. In dem Masse wie sie die Gnade der Mut­ter­got­tes spür­ten, ver­grös­serte sich das Uni­ver­sum der Pil­ger­schar. Die Bot­schaft ver­brei­tete sich und zog Fremde von weit her an. Aus die­sem Grund er­rich­tete ein Gläu­bi­ger, José Os­valdo de Gu­lim, ein Kreuz auf dem Hü­gel. We­nig spä­ter er­baute er und drei Män­ner, Ex­pe­dito, José und Ni­code­mos, eine Ka­pelle auf dem von Romão Edu­ardo ge­spen­de­ten Grun­des. So ent­stand das san­tuá­rio de Nossa Senhora das Do­res.

Je­des Jahr im Juni wird wäh­rend ei­ner gan­zen Wo­che zu Eh­ren der Mut­ter­got­tes ge­fei­ert und ge­be­tet. An­fäng­lich stie­gen die Gläu­bi­gen je­den Tag den be­schwer­li­chen, stau­bi­gen Weg mor­gens hin­aus und abends wie­der hin­un­ter, um zu Hause zu über­nach­ten. Um diese um­ständ­li­chen Ver­schie­bun­gen zu ver­mei­den, hat­ten Gläu­bige die Idee, Hüt­ten am Hü­gel der ca­pelinha zu bauen. Viele er­ho­ben sich bald rund um die Kir­che. Diese Hüt­ten wa­ren ein­fa­che Bau­ten, die meis­ten mit ei­nem Zim­mer, denn sie die­nen nur wäh­rend der Ju­bi­lä­ums­wo­che. Die Be­woh­ner der Re­gion nann­ten diese pro­vi­so­ri­schen Hüt­ten barr­aquin­has. Die ers­ten wa­ren aus Holz, Se­gel­tuch und sapê, ohne je­den Kon­fort. Spä­ter folg­ten so­li­dere Häus­chen aus Fach­werk (adobe) oder Back­stei­nen. Sie ge­hö­ren der Kirch­ge­meinde und sind aus­ser ei­nem ne­ben der Ka­pelle nicht ganz­jäh­rig be­wohnt. Darin wohnt dona Ma­ría do Am­paro Silva Santo, 63 Jahre, der Gatte, seu Da­mião, und ei­nes der acht Kin­der des Paa­res, Iago, 20 Jahre. «Wer den Grund spen­dete für den Bau der Ka­pelle, das war mein Schwa­ger.» sagt die Frau. 

Conceição do Mato Dentro, MG 

Schliess­lich fuh­ren wir wie­der den Hü­gel run­ter. Von nun an ging es fast im­mer über Erd­stras­sen. Eine wun­der­bare Land­schaft. In Con­ce­i­ção do Mato Den­tro fuh­ren wir auf den Kirch­hü­gel, um eine Rast ein­zu­le­gen. Wir be­sich­tig­ten die Pfarr­kir­che Paró­quia Bom Jesús de Ma­to­zin­hos. Wir lies­sen uns ziem­lich viel Zeit. Von hier aus ge­noss man ei­nen schö­nen Über­blick über die Be­sied­lun­gen. Die Kir­che schmü­cken schöne Glas­fens­ter. Ei­nes da­von stellt mög­li­cher­weise die Hei­lige Stadt dar, ein­ge­bet­tet in die Land­schaft von Con­ce­i­ção do Mato Den­tro mit ei­ner Kir­che auf dem Hü­gel, wo Bom Jesús de Ma­to­zin­hos steht. Also eine An­spie­lung auf die Pfarr­kir­che. Ein an­de­res stellt Sze­nen aus dem Le­ben Christi dar, so z. B. den tri­um­pha­len Ein­zug Christi auf ei­nem Esel in Je­ru­sa­lem oder gleich dar­un­ter Chris­tus vor dem Statt­hal­ter Pon­tius Pi­la­tus (vgl. Foto rechts).
Nach min­des­tens ei­ner hal­ben Stunde nah­men wir die Reise wie­der in An­griff. Wie­der ver­lies­sen wir bald die asphal­tierte Strasse und fuh­ren über Erdstrassen.
Zu Mit­tag as­sen wir in der «Es­tancia da Serra» mit herr­li­cher Weit­sicht. Nach­dem wir wie­der ei­nige Ki­lo­me­ter wei­ter ge­fah­ren wa­ren, ka­men wir am Fuss je­nes Ber­ges an, auf den wir ei­gent­lich auch gern ge­fah­ren wä­ren. Aber es war schon spät, der Weg nicht ganz ein­deu­tig. Des­halb ver­zich­te­ten wir dar­auf. Wei­ter ging es über Erd­stras­sen bis nach Ibi­rama und dar­über hin­aus. Nach­dem wir im Dun­keln ei­nige Zeit ge­fah­ren wa­ren und an ei­ner Rast­stätte in der Nähe von João Mon­le­vado eine Er­fri­schung ge­trun­ken hat­ten, ge­lang­ten wir in der Nähe von Abre Campo zu ei­nem Ho­tel an der Bun­des­strasse. Es war das Ho­tel Me­mo­rial Co­to­chés. Hier be­zog je­der ein Zim­mer. Ich legte mich bald schlafen.

Hei­lig­tum Sen­hor Bom Je­sus do Ma­to­s­in­hos in Con­ce­i­ção do Mato Den­tro, MG

Rückfahrt von Abre Campo, MG nach Vitória, ES

Sams­tag, 19. Au­gust. Wir früh­stück­ten im et­was kalt wir­ken­den, ge­räu­mi­gen Ho­tel­re­stau­rant, wo ei­nige Rei­sende der vor­ge­la­ger­ten Tank­stelle ei­nen kur­zen Halt ein­schal­te­ten oder im Ver­kaufs­be­reich ein Sou­ve­nir oder et­was Käse, Cachaça oder der­glei­chen kauf­ten. Das Früh­stücks­buf­fet war recht be­schei­den. Ei­nen Tee zu ma­chen, dau­erte so lange, dass ich die ers­ten Bröt­chen längst ge­ges­sen hatte.

Dann fuh­ren wir wie­der los. Nun ging es re­la­tiv zü­gig. Denn wir fuh­ren ja auf der BR262. So fuh­ren wir prak­tisch un­un­ter­bro­chen, stundenlang.

Schliess­lich ka­men wir wie­der in den Bun­des­staat Es­pí­rito Santo. Kurz nach der Grenze, ei­nige Ki­lo­me­ter vor Iba­tiba, ES, schal­te­ten wir ei­nen Halt ein. Es war in der «Casa do Teeiro», dem rus­ti­ka­len Café, das ich be­reits kannte. Als wir drin­nen Platz ge­nom­men hat­ten, wollte ich mein Handy her­vor­neh­men und musste fest­stel­len, dass ich es im Ho­tel Me­mo­rial Co­to­chés in Abre Campo ver­ges­sen hatte. So­fort te­le­fo­nierte Ta­mir mit dem Ho­tel und be­kam die Ant­wort, dass sie das Handy si­cher­ge­stellt und schon vor Stun­den ver­sucht hat­ten, uns te­le­fo­nisch zu er­rei­chen. Aber auch Ta­mir hatte sein Handy aus­ge­schal­tet. Der Herr am Te­le­fon schlug vor, mein Handy nach Vi­tória zu schi­cken. Da ich aber in we­ni­gen Ta­gen in die Schweiz zu­rück­zu­flie­gen hatte, wollte ich das nicht ris­kie­ren. Ich schlug vor, dass sie mein Handy di­rekt in die Schweiz schi­cken. Spä­ter gab Ta­mir meine Adresse durch. Mein Handy wurde mir per Post we­nige Tage nach mei­ner An­kunft in der Schweiz wohl­be­hal­ten zugestellt.

Wir ka­men nach dem Ein­dun­keln in Vi­tória, ES, an.

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