Albert Thurnherr wuchs in Widnau als Sohn einer Arbeiterfamilie auf. Er war der einzige Sohn seiner Mutter Berta Spirig, die an Tuberkulose starb, als er vierjährig war.

Sein Vater, Albert Thurnherr, heiratete dann Hilda, geborene Uehlinger. Aus dieser Ehe stammen sechs Kinder. Durch Sparsamkeit und durch Nähen und Stricken von Kleidern half die Mutter einer so grossen Familie, mit dem kleinen Lohn des Hilfsarbeiters über die Runden zu kommen. Die Familie bewohnte eine günstige Wohnung der damaligen Stickereifirma Jakob Rohner in Widnau. Etliche Jahre beherbergte die Familie auch italienische Gastarbeiterinnen dieser Firma.
Nach der Primarschule in Widnau wechselte Albert im Jahre 1951 ins Internat, in die damalige Missionsschule Marienburg (später Gymnasium Marienburg) in Rheineck, um dereinst Missionar zu werden.
Ausbildung
Wie es damals für die Marienburger Gymnasiasten üblich war, besuchte Albert ab 1957 das Lyzeum der Klosterschule Einsiedeln, um die Matura abzuschliessen. Oft zweifelte er daran, ob er das Studium schaffen würde. Doch seine Lehrer und seine Stiefmutter, die er und seine Geschwister unterschiedslos „Mama“ nannten, bestärkten ihn immer wieder zum Weitermachen. Im Jahre 1959 bestand er die Matura, und zwar nicht knapp, sondern mit Erfolg.
Noch im gleichen Jahr trat er bei den Steyler Missionaren in Mödling bei Wien das Noviziat an. Dort wurde Albert in das Klosterleben eingeführt. Denn er wollte Missionar werden.

Nach dem zweijährigen Noviziat wurde er für ein Jahr in die Marienburg bestellt. Das war ihm recht, denn in der Fremde hatte er unter Heimweh gelitten. Als er im Jahr 1962 das Theologiestudium in der ordenseigenen Fakultät in St. Augustin bei Bonn begonnen hatte, wurde ihm das Heimweh zur entscheidenden Weichenstellung. Nach längerem Ringen entschloss er sich, aus der Gesellschaft der Steyler Missionare (SVD) auszutreten. Anschliessend meldete er sich beim damaligen Diözesanbischof Josephus Hasler. Dieser schickte Albert gern zum Weiterstudium der Theologie an die Universität Freiburg.
Dieses Studium schloss der junge Student nach einem Zwischenjahr am Angelicum (Dominikaner-Fakultät) in Rom, im Sommer 1966 mit dem Examen „Pro cura animarum“ ab.
Inzwischen hatte Albert über seine Entscheidung, Weltpriester zu werden, Klarheit erlangt. So trat er im Herbst 1966 ins Priesterseminar St. Georgen-St. Gallen ein und bildete sich in der seelsorgerlichen Praxis aus und bereitete sich auf die Weihen vor.
Priester
Mit 30 Jahren wurde Albert am 11. März 1967 von Bischof Josephus Hasler in seiner Heimatkirche Widnau zum Priester geweiht. Mit den damaligen Neupriestern Kurt Kretz (bei einem Flugzeugabsturz in Peru umgekommen), Wilfried Lehner und Peter Imholz verband Albert stets ein kollegiales Verhältnis.

Rückschauend auf die Studienjahre stellt Albert fest, dass er dank Fleiss sein Studium erfolgreich abschliessen konnte und er in dieser Zeit arbeiten gelernt hat. Diese Fähigkeit kam ihm für die späteren Berufsjahre zugute. Auch die fromme Athmosphäre des Elternhauses hat zu seiner Laufbahn als Priester wesentlich beigetragen.
Tabella von Albert in Rom
Kaplan
Im April 1967 trat Albert seine erste Arbeitsstelle in der Pfarrei Appenzell als dritter Kaplan an. Der liebe und verständnisvolle Standespfarrer Ivo Koch war sein erster Chef. Die weitläufige Pfarrei bescherte viel Arbeit: Enggenhütten und Meistersrüte waren Alberts Schwerpunkte. Neben der Pfarreiarbeit gab Albert temporär Glaubenskurse in der Region.
Im Jahre 1973 wechselte Albert in die Pfarrei St. Andreas in Gossau. Neue Erfahrungen bereicherten seine pastoralen Kenntnisse. Doch sehnte er sich wieder aufs Land.

Pfarrer
Mit der Wahl zum Pfarrer von Amden im Jahr 1976 erfüllte sich dieser Wunsch in zweierlei Hinsicht: Land und Berge. Im Januar 1977 trat er das Pfarramt an. Die folgenden Jahre waren für Albert sehr glückliche Jahre. Gerne wäre er noch länger in Amden geblieben. In dieser Zeit begleitete er die Planung der Kirchenrenovation, deren Durchführung dann der Nachfolger Pfarrer Lienert an die Hand nahm.

Dem Ruf des Bischofs Otmar Mäder folgend, meldete sich Albert für die Doppelpfarrei Gams und Sennwald, wo Pfarrer Albert Broder im Sommer 1984 verstorben war. Im Februar 1985 trat Pfarrer Albert Thurnherr sein neues Amt in Gams-Sennwald an. Die knapp zehn Jahre, in denen Albert zwei Pfarreien mit ganz verschiedenen Gesichtern (katholisch Gams; Diaspora Sennwald) vorstand, waren an sich anspruchsvoll und herausfordernd, dazu kam die Kirchenrenovation 1989 bis 1991. Kurz danach führte Pfarrer Albert Thurnherr in beiden Pfarreien die Volksmission mit Redemptoristen-Patres durch. Neu für Pfarrer Albert waren die Diaspora-Erahrungen in der Pfarrei Sennwald. Hier durfte er auch sein Silbernes Priesterjubiläum feiern. Seit dieser Zeit stand Frau Barbara Bärtsch als tüchtige und versierte Haushälterin dem Pfarrer zur Seite.
Nach knapp zehn Jahren enschloss sich Albert mit 58 Jahren für die grosse Landpfarrei Flums, wo er im November 1994 das Amt des Pfarrers übernahm. Seit dem Tod von Pfarrer Fiedel Scherrer wirkte Kaplan Ladislaus Szücsi als Pfarreiadministrator. Nach zwei Jahren wurde dieser als Pfarrer in Pfäfers eingesetzt. Die grosse Pfarrei Flums stellte für Albert eine neue Herausforderung dar. Ihm zur Seite standen als Pastoralassistent Herr Armin Scheuter und in der Kaplanei Oberberg Pater Theo Meier. Zudem war seit August 1998 auch Pfarr-Resignat Albert Thalmann eine wertvolle Stütze, der als Pfarradministrator die Pfarreien Berschis und Tscherlach leitete.
Pfarrer Albert Thurnherr übernahm während seines Priestertums auch überpfarreiliche Aufgaben: Von 1973 bis 1992 war er Feldprediger; von 1978 bis 1990 amtete er als Diözesanpräses der FMG; als Kaplan von Gossau in der Stellenbesetzungskommission; seit 1985 war er im Kollegienrat und in der Dekanatskommission.
Alberts Spiritualität
Mit zunehmender Erfahrung fand Pfarrer Thurnherr zur sogenannten Spiritualität von unten. Über sie sagte E. Ponticus: «Willst du Gott erkennen, lerne vorher Dich selber kennen». Die Spiritualität von unten sieht den Weg zu Gott nicht als Einbahnstrasse. Vielmehr führt der Weg über Irr- und Umwege, über das Scheitern und über die Enttäuschung von sich selbst. Nicht die eigene Tugend ist es, die uns für Gott öffnet, sondern unsere Schwäche, unsere Ohnmacht, ja sogar unsere Sünde. Wir steigen auf zu Gott, indem wir hinabsteigen in unser Menschsein. Das Herz, dem nichts Menschliches fremd ist, wird weit, es wird erfüllt von Gottes Liebe, die alles Menschliche verwandelt. Der Mensch begegnet in der Spiritualität von unten seiner Wirklichkeit.
Weg in die Abhängigkeit
Seine letzte Station fand Albert in der Seelsorgeeinheit Sargans, wo er Stellvertretungen übernahm. Es bereitete ihm viel Freude und Genugtuung, wenn er wie anfänglich gern und oft eingesetzt wurde. Doch der Tod seiner langjährigen Haushälterin Frau Barbara Bärtsch im Januar 2022 traf Albert schwer. Seine Kräfte und seine robuste Gesundheit liessen spürbar nach, was ihn dazu zwang, auf seine kirchlichen Einsätze zu verzichten. Nach einsamen und kräftezehrenden Monaten musste er seine Wohnung aufgeben und ins Pflege- und Alterszentrum im Haus am Bach in Vilters-Wangs ziehen. Damit hatte er seine Selbständigkeit verloren. Als sich sein Zustand noch mehr verschlechterte, fand er Aufnahmen im Pflegezentrum Rheinauen in Diepoldsau, wo es auch seinen Schwestern leichter fiel, nach ihrem kranken Bruder zu sehen. Pfarrer i. R. Albert Thurnherr starb am Tag seiner Hospitalisierung am 10. Januar 2024 im Spital Altstätten.
Dokumente
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