Ich organisierte relativ kurzfristig für zwei Tage Tageskarten bei der Gemeinde der Stadt Fribourg. Ich bekam je zwei für den 09. und den 12. November. Wir hofften natürlich, dass sich das gute Wetter so halten würde, wie es die Schweizer Wetterpropheten vorhersagten.

Am späten Abend des 8. Novembers fand ich im Internet eine Logiermöglichkeit, die mir zusagte, weil sie erstens “am Weg” lag, nämlich in Glurns, der vorletzten Haltestelle der Buslinie von Zernez nach Mals, und zweitens weil ich sie auf der digitalen Landkarte mühelos lokalisieren konnte. So wusste ich, dass der Weg von der Bushaltestelle zu diesem albergo nur wenige Schritte betrug. Vorsichtshalber reservierte ich aber nur für die erste Nacht.

Am Dienstagmorgen machten wir uns um halb acht auf den Weg. Wir erreichten per Bus den Bahnhof rechtzeitig. Bald bestiegen wir den Zug nach Bern und weiter nach Zürich HB. Dort mussten wir umsteigen auf den Zug nach Sargans — Bad Ragaz — Landquart — Chur. In Landquart stiegen wir um. Es standen gleich zwei Züge für die Fahrt durchs Prättigau bereit. Ich fragte einen Schaffner, welchen der beiden Züge wir nehmen sollten. Denn wir wollten ja ins Engadin nach Zernez.
Hier hatten wir eine knappe Stunde Zeit. Zuerst machten wir eine kleine Runde durch die dem Bahnhof nahegelegenen Strassen. Natürlich fielen uns sofort die vielen Sgraffiti der lokalen Architektur auf. Wir schossen ein paar Fotos. Danach begaben wir uns noch ins Restaurant gleich am Bahnhof, um ein heisses Getränkt zu geniessen.
Um Viertel nach eins nahmen wir das Postaut für die Strecke über den Ofenpass bis ins Vinschgau nach Mals. Auf der Passhöhe machte das Postauto fünf Minuten Pause. Wir nutzten die Gelegenheit, um uns die Beine zu vertreten und ein paar Fotos in Richtung Südtiroler Alpen zu schiessen.
Dann ging es zügig weiter. Zügig heisst aber nicht im Eiltempo. Denn durch die Dörfer im Münstertal hat der Bus auf beiden Seiten oft nur wenige Dezimeter Spielraum. Wir genossen die schneebedeckte Landschaft. An der vorletzten Haltestelle, in Glurns, stiegen wir aus. Es war kurz nach 15 Uhr. Wir fanden schnell unsere Unterkunft im Weissen Kreuz. Das Albergo und das Restaurant waren aber geschlossen. Weil ich in einem Mail gestern angegeben hatte, dass wir zwischen 17 und 18 Uhr ankommen würden, mussten wir also bis mindestens 17 Uhr warten. Zuerst schlenderten wir durch das Kleinstädtchen. Vom Taufener Tor zum Malser Tor, dann die Florastrasse und die Laubengasse. Schliesslich begaben wir uns in die Cafeteria, wo auch Patisserie lockte. Hier erwärmten wir uns bei Kaffee und heisser Schokolade und probierten den Apfelstrudel.
Nach geraumer Zeit verliessen wir das Café und stellten fest, dass unsere Herberge immer noch geschlossen war. Ja, es war ja auch erst knapp halb fünf Uhr. Leida fragte einen Handwerker gleich gegenüber, ob er den Besitzer der Herberge anrufen könne, was dieser gern tat. Etwa 10 Minuten später kam der Restaurantbesitzer, begrüsste uns und schloss auf. Er stelle sich als Matthias vor und entschuldigte sich. Heute sei Wirteruhetag gewesen. Er führte uns in ein anderes Gebäude, denn an der Adresse des Weissen Kreuzes seien alle Zimmer belegt. Deshalb habe er bei seinem Bruder ein Appartement für uns reserviert. Also besichtigten wir an der Malserstrasse unter der Adresse Didis Apartements unsere Unterkunft. Es entpuppte sich als ein modernes Appartement mit einem Doppelschlafzimmer, einer gut eingerichteten Wohnküche, einem WC mit geräumiger Dusche und einem Entrée mit Bank und Kleiderhaken, um Mäntel und Skischuhe/Wanderschuhe zu verstauen. Für jedes Zimmer gab es einen Thermostaten, um die Bodenheizung (WC-Bad mit Radiator) zu steuern.
Der heilige Nepomuk
Der heilige Nepomuk als allseits bekannter Brückenheiliger schützt auch auf der Etschbrücke all jene, die sich in die Stadt begeben oder Glurns verlassen. Er zählt zu den vierzehn Nothelfern. Dass Bitten an ihn gerichtet sind, verrät auch die Inschrift im Giebelfeld: Hl. Joh. v. Nepomuk bitt für uns!
Am nächsten Tag lernten wir Didi kennen. Er empfing uns zum Frühstück und bediente uns. Wir waren offensichtlich die Letzten. Wir konnten uns an einem reichen Buffet bedienen. Didi brachte uns heisse Milch, Kaffee, Käse und Schinken. Er meinte, wir könnten uns ruhig ein Brötchen zum Mitnehmen machen, denn er müsse den Rest wegschmeissen. Nach dem Frühstück machten wir uns zuerst der Etsch entlang auf eine Wanderung durch das Tal. Wir sahen viele Obstkulturen, später kamen wir in ein Schutzgebiet, vorbei an der Kehrichtverbrennungs- und Kläranlage. Wir verliessen diesen Wander- und Joggerweg und bogen auf eine Verbindungsstrasse ein, die uns nach Schluderns führte.
Sgraffitogerahmtes Fenster
Einige Häuser fallen durch die sgraffitoverzierten Hauswände auf. Es sind meist einfache Dekorationen der Fensterrahmung, manchmal auch der Ecken der Hauswände.
In Schluderns durchwanderten wir den Dorfkern und stiegen zur Churburg hoch. Leider war sie verschlossen, sodass wir das darin beherbergte Museum nicht besichtigen konnten. Die mittelalterliche Churburg ist der besterhaltene und meistbesuchte Wehrbau Südtirols. Von aussen besticht die Burg durch ihre Wandmalereien im Stil der Renaissance, die an die regionale Tradition des Sgraffito anknüpft. Von diesem Burghügel aus geniesst man eine weite Aussicht über das obere Vinschgau.
Dann stiegen wir zum Bahnhof hinunter und warteten auf den nächsten Zug nach Mals. Im Gespräch mit einem alten Einheimischen verstanden wir, dass man an den Automaten nur mit einer bereits gekauften Mehrfahrtenkarte einen Fahrschein erstehen konnte. Ein junger Vinschgauer, der italienisch sprach, meinte, für die Strecke von Schluderns nach Mals bräuchten wir gar kein Billet. So fuhren wir gratis/schwarz nach Mals. Hier wanderten wir in den alten Dorfkern, wo wir unser mitgebrachtes Sandwich und einen Apfel zum verspäteten Mittagessen verzehrten. Auch in Mals sind viele historische Wohnhäuser mit Sgraffiti dekoriert.
Schliesslich liessen wir uns im Tourismusbüro, das erst um 15 Uhr öffnete, beraten. Sie verkauften uns eine Prepaid-Fahrkarte für die öffentlichen Verkehrsbetriebe für 10 Euro. Das sollte eigentlich für unsere beiden Tage genügen. Wir wollten ja keine längeren Fahren nach Meran oder Bozen machen. Danach stellten wir fest, dass auch hier nur wenig Restaurants geöffnet waren. Deshalb beschlossen wir, wieder nach Glurns zurückzukehren und dann dort ein Restaurant für das Abendessen aufzusuchen. Zu diesem Zweck begaben wir uns wieder an den Malser Bahnhof, wo wir mit dem Schweizer Postauto – auch wieder gratis – nach Glurns fuhren.